„Wer durch das ISV-Tor geht, ist ISVer, sonst nichts. Egal welcher Nationalität, welcher Religion er ist. Gewalt hat keine Chance. Wir spielen Fußball, und im Vordergrund steht der Spaß.“

Es klingt wie ein Mantra. Aber wenn Till Wienke das sagt, dann hat man keinen Zweifel, dass er es so meint.

Anders würde das Projekt, das der 33-Jährige zusammen mit mehreren Betreuern bei der ISV vor zweieinhalb Jahren auf die Beine gestellt hat, wahrscheinlich auch nicht funktionieren.

Da riefen sie eine Fußballmannschaft für Flüchtlinge ins Leben. Lehrer hatten bei der Spielvereinigung nachgefragt, ob sie sich nicht ein Angebot vorstellen könnten.

„Etwas Sinnvolles bieten“, das war das Ziel. Till Wienke beschönigt nichts. „Am Anfang war es chaotisch, es gab viele Missverständnisse. Und wenn Sie den Afrikanern gesagt haben, um 14 Uhr ist Treff, sind die eine halbe oder auch eine Stunde später gekommen.“ Wienke muss lachen. Das war halt so.

Auch die Kleidung war ein Problem. „Viele hatten keine Trainingsklamotten.“ Und wenn doch, kamen sie trotzdem ohne und wollten in Straßenkleidung spielen. Jetzt, zwei Jahre später, hat Sohrab Rezaiy die Koordination des Trainings übernommen.

Der 23-Jährige kam vor eineinhalb Jahren aus dem Iran nach Deutschland, ist Afghane. Deutsch hat er sich selbst beigebracht – Youtube lässt grüßen. Seit August macht er eine Ausbildung bei KGT Klimatechnik. Noch wohnt er im alten Gesundheitsamt/Alte Sparkasse.

„Rassismus hat bei uns keinen Platz“

Die Chemie zwischen Rezaiy und Wienke sowie den anderen Übungsleitern passte. Und Rezaiy war verlässlich, zielstrebig, engagierte sich, spielte schnell nicht nur in der Flüchtlingsmannschaft, sondern auch in der zweiten Mannschaft der ISV. Und als er sich das Kreuzband riss, „hatte er noch mehr Zeit. Und wir haben gesagt: Nicht sitzen, machen“, erzählt Wienke.

Jede Woche kommen nun Menschen aus Guinea, Somalia, Eritrea, Afghanistan, Syrien, Irak, Iran, um Fußball zu spielen. Rezaiy wird dann oft zum Pantomime-Künstler. „Ich kann zum Beispiel kein Arabisch.“ Englisch ist auch schwierig. Aber: Fußball verbindet.

In Zukunft möchte die ISV gerne ein Futsal-Team (Hallenfußballmannschaft) stellen. Klar, es gibt auch Konflikte. Und manchmal gibt es Diskussionen, fallen auch Schimpfwörter. „Dann gehen wir dazwischen. Und mittlerweile haben wir einen guten Stamm in der Mannschaft, eine kleine Familie, die schnell reagiert und schlichtet. Rassismus hat bei uns keinen Platz.“

Regeln setzen – das ist ganz wichtig in so einer Mannschaft.

„Klar“, sagt Wienke, „das sind keine unterkühlten Deutschen. Die haben Temperament.“ Von dem einen oder anderen Uneinsichtigen hat sich der Verein auch wieder getrennt. Es sei halt so: Es gebe Menschen, die seien anstrengend und weniger anstrengend.

Wienke kennt das aus seiner Jugendarbeit. Er ist Leiter der Kinder- und Jugendarbeit der „Mediencooperative Steinfurt“ und Trainer für soziale Kompetenz, Mobbing und Intervention.

Wichtig sei an allererster Stelle der Spaß, betont Wienke. Mal einen Witz machen, zusammen lachen. Das sei es, was Grenzen überwindet. Ein paar nette Stunden miteinander verbringen. Und nachher gehe man vielleicht noch in die Shisha-Bar. So viele unterschiedliche Kulturen, das sei bereichernd, betont Wienke.

Das findet auch Rezaiy. Er ist Moslem. Menschen aus Eritrea sind meistens Christen. „Für mich kein Problem. Ich habe lange Zeit mit einem iranischen Christen zusammengewohnt“, sagt Rezaiy.

Und da ist es wieder, das Motto: Es ist egal, was einer mitbringt. „Wer durch das ISV-Tor geht,...“

Quelle: IVZ-Aktuell vom 16.10.2017 17:03